Restauration

"Du bist verrückt!", so oder ähnlich klingt es immer wieder aus meinem Bekanntenkreis, wenn sie sehen was ich mit meinem ´75er Schrägheck veranstalte.

Ganz unrecht haben sie vielleicht auch nicht, aber ich halte nun mal nichts davon, wenn man den Rost nur mit der Drahtbürste und Rostumwandler besiegen will.

Auch wenn ich sicher nicht der schnellste sein werde, irgendwann bewegt sich dieser Passat wieder auf Deutschlands Straßen. Bis dahin gibt es noch eine Menge zu tun und daran möchte ich jeden Interessierten teilhaben lassen. Deshalb berichte ich hier in ausführlichen Schritten über mein vorankommen.


Gekauft habe ich mir den Passat bereits 1998, gekostet hat er mich damals noch 1.500,-DM. Wie sich herausstellte war dies sicher zuviel, aber daran kann man im nachherein sowieso nichts mehr drehen. Er wurde von Anfang an mit dem Ziel gekauft, ihn komplett zu restaurieren. Auch wenn einige es nicht verstehen, der Wagen wird nicht im Originalzustand restauriert. Es soll im großen und ganzen eine originale Karosserie mit moderner Technik werden. Dazu gehört natürlich ein aktueller Motor mit G-Kat und als weiteres Extra steht auf jeden Fall eine Klimaanlage auf dem Zettel. Was sonst noch so folgen wird, steht noch in den Sternen.

Noch einmal zurück zum Kaufpreis. Nach meinen bisherigen Erfahrungen mit diesem Passat, fällt es mir schwer zu glauben, daß es sich lohnt soviel Geld für ein solches Projekt auf den Tisch zu legen. Der Wagen machte beim ersten und auch beim genaueren Hinsehen einen hervorragenden Eindruck. Aber wie sooft steckt der Teufel im Detail und zwar dort wo man eben nicht hinsehen kann. Wenn man einen Wagen vernüftig restaurieren will, kommt man eben nicht daran vorbei gewisse Teile, wie z.B. Schweller zu erneuern, denn mir kann keiner sagen, daß es einen Passat in diesem Alter gibt, wo die Schweller von innen nicht verrostet sind!

Wenn jemand also ein ebensolches Projekt plant, denkt an meine Worte und kauft ruhig eine Wagen der vielleicht von außen nicht so schön glänzt, aber vielleicht 1000,-DM billiger ist.


Im Frühjahr ´99 begann ich mit der Zerlegung des Wagens. Zunächst wurde er erst mal komplett ausgeräumt, Türen, Hauben und Kotflügel verschwanden von ihrem angestammten Platz.Sämtliche Scheiben, der Himmel und der Teppich kamen ins Regal. Nachdem denn auch die komplette Frontmaske herausgetrennt wurde, ließen sich auch Motor und Getriebe spielend leicht ausbauen und verschwanden im Lager. Jetzt konnte es so richtig losgehen.

Um hinterher nicht irgendwelche bösen Überraschungen zu erleben habe ich mir vorgenommen sämtlichen Unterbodenschutz zu entfernen.

Bewaffnet mit einem Winkelschleifer mit Drahtbürstenaufsatz,  Handschuhen,  Schutzbrille und Gehörschutz machte ich mich dann ans Werk.  Zunächst wurden die vorderen Radhäuser Opfer meiner ungehemmten Arbeitslust.  24 Jahre hat er nun die Karosserie vor Steinschlag geschüzt,  nun hat er ausgedient.  Ich kann übrigens jedem nur raten es nicht mit Flamme und Drahtbürste zu versuchen.  Der Verschleiß an Bürsten wird enorm,  es dauert länger und der Gestank ist auch nicht zu vernachlässigen.
Auf der Beifahrerseite kam dann unter anderem auch diese qualitativ minderwertige Reparaturlösung zum Vorschein. Leider wurde bei dem Aufsetzen des Bleches der original vorhandene Wasserablauf gleich fachmännisch verschlossen. So hatte die braune Pest an dieser,  sowieso schon gefährdeten Stelle, leichtes Spiel. Ein herausdrehen der Schraube des Aggregateträgers war dadurch nicht mehr möglich. Die in den Längsträger eingelegte Mutter war mit der Schraube zu einer Einheit gerostet. Die Mutter riß sich aus der Verankerung und drehte sich munter mit. Erst nach dem Auftrennen des Trägers war es mir möglich,  sie festzuhalten und den Aggregateträger zu entfernen.
Bevor ich den Längsträger jetzt allerdings ganz heraustrennte, baute ich mit zunächst einen Hilfsrahmen.Dieser hat es mir ermöglicht ein wenig Stabilität in den Vorderwagen zu bringen. Ohne Frontmaske und Längsträger war es hier vorne nämlich ganz schön "windig" geworden. Außderm diente er mir beim Einschweißen des neuen Trägers als Lehre, schließlich soll da ja mal wieder ein Aggregateträger unters Auto.
Stück für Stück zersägte ich nun den Träger um zu sehen, wo der Rost ein Ende nimmt. Der hatte sich dann mal wieder weiter als erwartet ausgebreitet.
Da liegt er nun. Ich bin mir fast sicher, daß jeder Passat dieser Baureihe hier ähnlich aussieht. Aber leider kann man hier noch so gut gucken, von außen sieht es völlig in Ordnung aus.
Nun stand ich da mit meinem Talent. Der Längsträger ist raus, aber was mache ich mit dem Blech dahinter.Enrosten, eine Möglichkeit.Teilweise erneuern, noch eine Möglichkeit. Aber schließlich soll die Sache ja Hand und Fuß haben, also komplett erneuern! Das war dann auch die beste Lösung, denn es ging wahrscheinlich schneller, als wenn ich hier das Flicken angefangen hätte.Und so sah das denn zwischenzeitlich mal aus.
Bevor jetzt der neue Träger eingeschweisst werden konnte, waren noch kleinere Anpassungsarbeiten notwendig. Der Träger der jetzt verbaut werden sollte war nämlich von einen Audi Coupe oder Cabrio neuerer Bauart. Die Teilenummer fing jedenfalls mit 855 an. Einen großen Vorteil hatte dieser Träger jedoch.An ihm befindet sich bereits die Motohalterung für die neuen Motoren, die nicht mehr auf dem Aggregateträger montiert werden.Damit ich den Träger verwenden konnte, mußte ich die Aufnahme für die Stoßstangenhalter einschweißen und ihn im vorderen Bereich leicht modifizieren.
Ist hier noch irgenwo Rost? Jetzt bestimmt nicht mehr!!!
Nun zu einem Thema, daß zu dieser Zeit vielleicht wenig sinnvoll erscheint. Es geht um den Einbau der Klimaanlage. Schon seit über drei Jahren war ich hinter einem Bekannten her, der einen 32er mit Klimaanlage vor seiner Garage verrotten ließ. Als ich ihn dann endlich soweit hatte mir das Auto zu überlassen, war außer den Teilen der Klimaanlge wirklich nicht mehr viel zu gebrauchen. Aber das ist ja schließlich auch etwas, immerhin sind mir nur sehr wenige deutsche 32er mit Klimaanlage bekannt.
So wanderte nun der gesamte Gebläsekasten samt Verdampfer in meinen Passat. Da das Spenderfahrzeug allerdings Bj.80 war waren neben dem zweiten Lufteintritt auch noch Änderungen für die Aufnahme des Gebläsekastens notwendig geworden. Dieses stellte allerdings kein großes Problem dar. Über den Anschluß und die Füllung der Anlage werde ich sicher später noch einmal etwas zu berichten haben.
Nach diesem kurzen Ausflug in die Technikecke wartete dann aber schon wieder eine Menge verrostetes Blech auf meine Aufmerksamkeit.
Auch diese Stelle dürfte dem wahren Passat-Schrauber sicher sehr gut bekannt sein. Was hier noch relativ gut aussieht, zeigte sich nach Entfernung des Unterbodenschutzes wieder mal als wahres Rostnest.
Auch hier half mal wieder nur die Raddikalkur. Raus damit. Nicht ganz einfach war es, sich für die geeignete Schnittlinie zu entscheiden, da der angrenzende Wasserkasten gewisse Einschränkungen nötig machte. Ich denke, daß ich mit dieser Art recht gut gefahren bin, da ich fast annähernd wieder die originalen Schweißpunkte setzten konnte.
Nach Bearbeitung der Schweißnähte und grünlicher Behandlung mit Rostschutz sah die Ecke schon wieder ganz manierlich aus.
Auch das Blech links, zur Aufnahme des Dreiecksbleches wurde natürlich noch erneuert, ist doch klar.
Später folgte dann auch noch das Einsetzen des neuen Dreiecksbleches. Mit anschließender Rostschutzgrundierung dürfte das gesamte Radhaus für die nächsten Jahre wieder auf Vordermann gebracht sein.
Begeben wir uns somit einmal in den hinteren Teil des Projektes. Die Endspitzen. Natürlich reichte es mir hier ebenfalls nicht den vorhandenen Rost oberflächlich abzutragen. Zum Glück erwies sich das innere Blech noch als erhaltenswert, sodaß es damit getan war ein Reparaturblech einzupassen.
Sauber auf das erforderlich Maß zurechtschnitten, breitete es keine Probleme das Stück einzuschweißen. Natürlich habe ich das Blech an der oberen Kante nicht überlappen lassen, sonst wäre ein potentieller Rostherd schon vorprogrammiert. Auf Stoß schweißen verringert natürlich auch den späteren Zeitaufwand beim Spachteln.
Darauf folgte dann der wohl komplizierteste Teil. Der linke Schweller mußte raus. Und wieder das gleiche Drama: Von außen hui, von innen pfui! Für einen Alltagswagen hätte der Schweller sicher noch mehrere Jahre ohne Probleme gehalten, aber ich will ja mehr. Leider haben die Konstrukteure von VW damals nicht damit gerechnet, daß jemand mal einen kompletten Schweller erneuert. Das Problem lauert nämlich auf den hinteren 10cm. Hier wurde er sauber hinter dem Seitenteil verschweißt. Man kommt also nicht darum herum, ein Stück des Seitenteil mit herauszunehmen.
Nachdem alles satt mit Rostschutz eingestrichen war, setzte ich den Schweller auf. Wie auch bei anderen Arbeiten, machte sich hier eine Punktschweißzange schnell bezahlt. Es sieht sauber aus und geht rasend schnell. Kann ich jedem nur empfehlen! Was noch folgte war die Puzzelarbeit mit dem Seitenteil. Sch...-Arbeit!!! Aus dem herausgetrennten Originalteil, in Verbindung mit einen Rep.-Blech, enstand erst nach mühevoller Kleinarbeit, ein brauchbares Endergebnis.
Zwischendurch widmete ich mich immer mal wieder dem Unterdoden. Hier hieß es Ausddauer zu zeigen. Zum Glück brauchte ich an den beiden Hinterachsaufnahmen nichts zu schweißen. Sie zeigten sich noch von ihrer besten Seite. Gut zu erkennen ist auch, daß ich die Reserveradmulde zwischenzeitlich von ihren Platz verbannt habe. Hier muß Platz für einen vernüftigen Auspufftopf geschafft werden.
Immer schön fleißig!!! So lange ich noch so freundlich gucken kann, hab ich wohl noch Hoffnung. Unterhalb der Sitzbank befindet sich wahrscheinlich der aufwendigste Teil dieser Anti-Unterbodenschutz-Aktion. Viele Ecken und Kanten fordern wirklich Ausdauer. Hier kommt man mit dem Winkelschleifer nicht mehr voran. Jetzt hilft nur noch ein luftbetriebener Stabschleifer mit ganz kleiner Drahtbürste.
Geschafft !!! Der gesamte Unterboden ist frei von Unterbodenschutz. Jetzt strahlt er in wunderschönen Rostschutz-Rot.
Nach einer langen Pause mußte ich mich nun der Beifahrerseite widmen. Da ich in Teilelager des VW-Museeums zufällig eine A-Säule rumliegen sah, konnte ich mir jegliche Entrostungsarbeit sparen.Hier seht ihr das doch schon stark angegriffene Original im Vergleich mit dem Neuteil, das dessen Platz einnehmen sollte.
Hier noch einmal in Großaufnahme. Was ein Kotflügel nicht alles verbergen kann!!! Ich meine hier hat es wirklich keinen Sinn mehr die Drahtbürste anzusetzen um dem Rost zu besiegen. Raus damit, ist die einzige Devise.
Wie man auf dem vorigen Bild auch schon erkennen kann, war natürlich nicht nur die A-Säule selber stark angerostet. Das darunter befindlich Blech konnte allenfalls noch als Teesieb verwendet werden. Also ebenfalls großzugüg heraustrennen und durch frisches Metall ersetzen. Für alle, die nicht alle Schritte genau verfolgt haben: Durch das Loch ist die nachgerüstete Klimaanlage zu erkennen.
Wie schon auf der Fahrerseite hatte auch hier das an dieser Stelle endende Dreiecksblech seine Spuren hinterlassen. Auch wenn Ihr es vielleicht nicht mehr hören könnt: Raus damit, und neues Blech eingeschweißt. Wir wollen ja an die Zukunft denken und nicht nach fünf Jahren wieder von vorne anfangen.
Nachdem alles ordentlich von innen grundiert wurde, ging es nun an Anpassen. Schließlich soll die Tür ja später nicht auf dem Fußboden schleifen. Hier ist auch gut zu erkennen, daß ich die A-Säule nicht komplett bis zum Dach erneuert habe. Da oben war nun wirklich kein Rost festzustellen, der diesen riesigen Aufwand nötig gemacht hätte.
Ein schöner Anblick! Das wäre geschafft und auch das Dreiecksblech sieht wieder richtig stabil aus.
Nun noch eine kleine Kostprobe einer TÜV-Notreparatur meines Vorgängers. Aber nicht bei mir. Glücklicherweise blieb es bei diesem kleinen Stück. Ich habe schon von Fällen gehört, wo auf der gesamten Länge des Schwellers eine neue Abschlußkante des Bodenblechs erneuert werden mußte.
Nun mußte "nur" noch ein neuer Außenschweller wieder an seinen Platz. Hier kann man wieder wunderschön erkennen warum es einen riesigen Spaß macht diesen zu erneuern. Der Blechfetzen gehört zum alten Schweller und muß mühsam unter dem Seitenteil herausgetrennt werden.
Hier sieht man jetzt gut wie schön der Schweller "eingepackt" ist. Natürlich kam auch hier wieder mehr Rost als erwartet zum Vorschein. Es ließ sich nicht vermeiden wieder ein Stück vom Radlauf zu opfern. Glücklicherweise sind die Radlaufreparaturbleche bei mir noch zu haben, so daß ein passendes Stück schnell eingesetzt werden konnte.
Neuer Schweller, neue A-Säule; das dürfte für die nächsten Jahre reichen. Und wieder ist eine Woche mit flexen, schleifen, schweißen und grundieren ins Land gezogen. Aber so langsam nähere ich mich dem Ende der Entrostungsarbeiten.
Fortsetzung folgt !!!


© 1999 Olaf Steenbock     letzte Änderung:06.02.2009